Unfair? Woran Joao Sacramento beim LASK scheitert
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Unfair? Woran Joao Sacramento beim LASK scheitert

Nach der Länderspielpause muss der LASK rasch in die Gänge finden, um den missglückten Saisonstart auszumerzen. Viel Druck lastet dabei auf Trainer Joao Sacramento, der sich mit mehreren Problemen konfrontiert sieht.

Seine ersten Monate beim LASK hat sich Trainer Joao Sacramento mit Sicherheit anders vorgestellt. Die Linzer haben den Saisonstart wie in der Vorsaison verpatzt: Drei Punkte, vier Tore und zwölf Gegentreffer lautet die Bilanz zur Länderspielpause - den eigenen Ansprüchen wird sie nicht gerecht.

Mit ähnlichen Zahlen auf der Haben-Seite musste Sacramentos Vor-Vorgänger Thomas Darazs vor fast genau einem Jahr den Verein verlassen.

Aktuell deutet alles darauf hin, dass der Portugiese mehr Zeit bekommt, um die Mannschaft zu stabilisieren. Das Derby gegen die SV Ried am Samstag war in vielen Belangen ein Schritt in die richtige Richtung und die mitunter kompletteste Leistung der ersten fünf Bundesligarunden. Dass am Ende eine 1:3-Niederlage auf dem Spielbericht steht, verdeutlicht, dass die Probleme nicht nur auf dem Trainerstuhl zu suchen sind.

Horrende Chancenverwertung

Sacramento selbst titulierte die vierte Pleite seiner Amtszeit mit dem Wort "unfair", das bessere Team sei als Verlierer vom Platz gegangen. Damit unterschlägt er gleich zwei Aspekte, die zum Ausgang des Spiels beigetragen haben.

Zum einen hat der Aufsteiger - im Rahmen seiner Möglichkeiten - ebenfalls eine gute Leistung gezeigt. Ried präsentierte sich ein weiteres Mal als gut organisierter, mutiger und dadurch unangenehmer Gegner für einen größeren Verein. Der Matchplan von Trainer Maximilian Senft wurde konsequent umgesetzt.

Zum anderen hatte der LASK eine große Zahl an Chancen, das Spiel frühzeitig zu entscheiden. Um den gegnerischen Aufbau zu stören, waren in vielen Szenen mindestens fünf Rieder ins hohe Pressing eingebunden. So hatten die Linzer vor allem in der ersten Halbzeit diverse Kontergelegenheiten.

Vorstöße in Rieder Defensivdrittel von Spielbeginn (unten) bis Spielende (oben):


Man kann der SV Ried nicht vorwerfen, sie wäre ihrerseits kein Risiko eingegangen. Gescheitert ist der LASK in der Vorwärtsbewegung vielfach an sich selbst. Wie in mehreren Spielen der laufenden Saison ließ die Chancenverwertung zu wünschen übrig.

LASK-Abschlüsse gegen die SV Ried:


In dieser Grafik nicht berücksichtigt sind weitere gefährliche Szenen: Beispielsweise der Vorstoß von Krystof Danek, der sich im Strafraum den Ball zu weit vorlegt (9. Minute), oder eine missglückte Flanke von Samuel Adeniran aus kurzer Distanz, die über das Tor segelt. Vier Aluminium-Treffer sind frustrierend, aber auch andere Möglichkeiten blieben ungenutzt.

Kapitale Eigenfehler

Neben der mageren Offensiv-Ausbeute macht auch die Defensive Sorgen. Sacramento möchte mit dem LASK aufregenden Fußball spielen, Risiko und das ein oder andere zusätzliche Gegentor ist in diese Philosophie eingepreist.

Über die ersten fünf Runden wurden seinem Team aber zu oft Schnitzer im Spielaufbau zum Verhängnis, auch das zweite und dritte Tor gegen die SV Ried sind Beispiele.

Szene vor dem zweiten Ried-Tor durch Mark Grosse:


Torwart Lukas Jungwirth entscheidet sich für einen Pass auf die linke Seite auf Andres Andrade, der schnell unter Druck gesetzt wird. George Bello verarbeitet den Ball im Anschluss schlecht, Mark Grosse trifft platziert ins kurze Eck. Der Aufbau über die rechte Seite wäre in dieser Szene wohl die risikoärmere Variante gewesen.

Szene vor dem dritten Ried-Tor durch Peter Kiedl:


Der deutlich vermeidbarere Fehler unterlief Art Smakaj, der als Ersatz für Sascha Horvath im Einsatz war. Sein Fehlpass landete in der Lücke zwischen zwei Teamkollegen, Philipp Pomer fand den eingelaufenen Peter Kiedl im Strafraum. Beide Innenverteidiger waren zuvor auf die Seiten abgekippt. Dass der LASK seine Angriffe gerne über die zentralen Mittelfeldspieler aufbaut, hat sich bis nach Ried herumgesprochen - Maximilian Senft ließ Berisha und Smakaj von vier Spielern zustellen. Die Entscheidung in dieser Szene, trotzdem wieder durch die Zentrale zu spielen, hatte das 0:3 zur Folge.

Auch später im Spiel kamen die "Wikinger" zu Chancen nach LASK-Patzern, Antonio van Wyck verpasste in der 78. Minute die endgültige Entscheidung nach einer schlechten Ballannahme von Joao Tornich.

Es ist ein Bild, das zum bisherigen Saisonverlauf passt, die Linzer bringen sich immer wieder selbst in Bedrängnis. Dass - wie in der Offensive - in vielen Situationen auch das Glück fehlt, ist unbestritten.

Auszug aus den bisherigen Gegentoren:

Spieltag

Ereignis

Resultat

1 (Sturm Graz)

Elfmeter verursacht

Tor zum 0:2

2 (WSG Tirol)

Elfmeter verursacht

Tor zum 0:2

2 (WSG Tirol)

Ballverlust im Spielaufbau

Tor zum 1:3

3 (Austria Wien)

Eigentor

Tor zum 0:1

5 (SV Ried)

Elfmeter verursacht

Tor zum 0:1

5 (SV Ried)

Ballverlust im Spielaufbau

Tor zum 0:2

5 (SV Ried)

Ballverlust im Spielaufbau

Tor zum 0:3


Was kann Sacramento tun?

Auch der Trainer musste in seinen ersten Partien Lehrgeld bezahlen. Sacramento, der bekanntlich von Jose Mourinho, Marcelo Bielsa und Christophe Galtier gelernt hat, forderte von seinen Schützlingen viel Flexibilität: Sascha Horvath als mobiler Spielmacher, der idealerweise immer anspielbar ist. George Bello, der die gesamte linke Seite bearbeiten soll. Ein Zehner - Christoph Lang oder zuletzt Krystof Danek - der die offensiven Halbräume besetzt.

Über die ersten Wochen unterliefen der Mannschaft immer wieder Missverständnisse bei der Raumaufteilung, sie hatte das System nicht ausreichend verinnerlicht. Das Trainerteam hat inzwischen nachgebessert und einige Fehler abgestellt. Am risikoreichen und zu wenig variablen Spielaufbau gilt es noch zu arbeiten, dafür stehen jetzt einige zusätzliche Tage zur Verfügung.

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Aktuell sind vor allem Sacramentos zwischenmenschliche Qualitäten gefragt. Sein Team ist frustriert, Schiedsrichter Arnes Talic musste gegen Ried mehrere Gelbe Karten für Diskussionsversuche verteilen. Der LASK geht als Favorit in die nächsten Ligaspiele gegen Altach und Blau-Weiß Linz, mit blank liegenden Nerven macht man sich das Leben aber jedenfalls nicht leichter.

Es fehlt an Qualität

Noch am Samstag erklärte Sportdirektor Dino Buric, dass keine weiteren Transfers geplant seien. Bleibt es dabei, geht der LASK ohne echten Torjäger in den Herbst. Für die Offensive wurde vor kurzem Bryan Teixeira verpflichtet, der seine Qualitäten aber erst wieder unter Beweis stellen muss. Maximilian Entrup stand über die letzten Wochen nur eingeschränkt zur Verfügung, das Spiel gegen Ried musste er kurzfristig auslassen - hinter seiner Fitness verbleibt ein Fragezeichen.

Bilanz der aktuellen LASK-Offensive:

Spieler

LASK-Einsätze

Tore (Assists)

Samuel Adeniran

26

5 (1)

Krystof Danek

25

1 (6)

Moses Usor

76

7 (8)

Christoph Lang

26

4 (2)

Maximilian Entrup

41

14 (4)

Lukas Kacavenda

5

1 (1)

Gesamt:

199

32 (22)


Vorerst gehört die Stürmerposition Samuel Adeniran, der herausragende physische Fähigkeiten mitbringt, aber trotz vieler Chancen nur selten trifft.

Um Joao Sacramento den Turnaround zu erleichtern, sollte der LASK auf dem Transfermarkt nachbessern. Zur Zeit scheitert der 36-Jährige nicht nur, aber auch an seinen Spielern.


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