Blau-Weiß Linz hat ein Problem
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Blau-Weiß Linz hat ein Problem

Der FC Blau-Weiß Linz läuft Gefahr, punktelos in die Länderspielpause zu gehen. Gegen die SV Ried scheiterte das Konzept von Trainer Mitja Mörec ein weiteres Mal. 90minuten zieht Bilanz.

Nach vier Pflichtspielen steht Blau-Weiß Linz in der Tabelle mit dem Rücken zur Wand. Mit einer Bilanz von null Punkten und keinen Toren legen aktuell die Oberösterreicher den schlechtesten Saisonstart seit der Ligareform hin - rund 50 Tage nach seinem Amtsantritt steht Trainer Mitja Mörec bereits stark unter Druck. 

Der Slowene sollte die Arbeit von Gerald Scheiblehner fortführen, der Verein wollte sich seine Identität beibehalten. Das heißt: Wenig eigener Ballbesitz, Fokus auf die Arbeit gegen den Ball und schnelles Umschalten in die Offensive.

Kommt es auf die Größe an?

Bei der 0:2-Niederlage gegen die SV Ried waren lange Bälle einmal mehr Plan A. Erst der siebte Aufbau-Versuch nach rund sechs Minuten wurde flach ausgespielt, die vorangegangenen sechs Distanzpässe endeten in Ballverlusten, drei davon direkt bei Keeper Andreas Leitner. 

Es ging in ähnlicher Manier weiter: Die erste Chance - ein freier Kopfball von Fabio Varesi-Strauss, der knapp am Tor vorbeifliegt - entsteht nach 20 Minuten durch einen Eckball. Wirklich in der gegnerischen Hälfte festsetzen können sich die Linzer erstmals im 21. Versuch, der Angriff endet mit einem Ballverlust. Von insgesamt 75 einigermaßen geordneten Eröffnungen aus der eigenen Hälfte wurden 80 Prozent hoch und lang ausgespielt, die Erfolgsquote ist dabei mehr als ausbaufähig.


Bei einer so deutlichen Tendenz ergibt sich zusätzlich ein Teufelskreis. Die eigenen Spieler orientieren sich weit nach vorne, weil sie nicht damit rechnen, angespielt zu werden. Selbst wenn ausnahmsweise ein kurzer und flacher Ansatz versucht werden soll, fehlt es also an Optionen.

Um mit ihrem Konzept erfolgreich sein zu können, hätte bei den Linzern viel richtig laufen müssen. Die Rieder Dreierkette war tief positioniert und mit klaren Größenvorteilen ausgestattet - Nikki Havenaar, Oliver Steurer und Michael Sollbauer bringen im Schnitt rund 17 Zentimeter mehr in Kopfballduelle, als die Offensivreihe um Ronivaldo, Paul Mensah, Simon Seidl und Jakob Knollmüller.

Größenvergleich

Blau-Weiß Linz

in cm

SV Ried

in cm

Paul Mensah

178

Nikki Havenaar

197

Jakob Knollmüller

176

Oliver Steurer

191

Ronivaldo

173

Michael Sollbauer

186

Simon Seidl

172


Wenig Schwung aus dem Mittelfeld

Selbst wenn ein Verteidiger sich im ersten Moment durchsetzt, wäre für Blau-Weiß in der Theorie noch nicht viel verloren. Die beiden defensiven Mittelfeldspieler Alem Pasic und Christopher Cvetko sollten ebenso wie die Wing-Backs und ein Innenverteidiger auf den Seiten aufrücken und zweite Bälle erobern.

Gegen die SV Ried kam es aber nur in wenigen Szenen so weit, Maximilian Senft hat sein Team vorbereitet. Die relativ guten Aussichten in den Kopfballduellen haben es den Innviertlern erlaubt, die Absicherung zu reduzieren und sich ebenfalls nach zweiten Bällen zu orientieren.

Schwache Einzelleistungen

Einen positiven Aspekt hatte das Spiel trotz der beiden Gegentore: Defensiv war es gegen biedere Rieder eine der sichersten Leistungen der laufenden Saison. Konteranfällig bleibt das Team wie auch in Phasen der vergangenen Spielzeit: Vier Gegenangriffe fing man sich unmittelbar nach den wenigen eigenen Vorstößen, einer davon hatte das 0:1 zur Folge. Die Restverteidigung besteht in der Regel aus 3 bis 4 Spielern, Risiko ist Teil des Plans.

Von insgesamt sieben Gegentoren in vier Spielen sind mehrere auf individuelle Stellungsfehler der Verteidiger zurückzuführen. Beim Auftakt gegen den SK Rapid kommt Assistgeber Janis Antiste im Strafraum frei zum Kopfball, weil Elias Bakatukanda nicht eng genug deckt. Gegen die SV Ried kommt Pomer frei vor dem Tor zum Abschluss, obwohl Blau-Weiß mit sechs gegen zwei Spieler eine klare Überzahl im Strafraum hat. Pomers zweiter Treffer - ein direkter Freistoß - landet gut platziert im Torwarteck.

Gegentor Nr.

Gegner

Art

1

SK Rapid

Flanke

2

TSV Hartberg

Konter

3

WAC

Elfmeter

4

WAC

Kombination

5

WAC

Konter

6

SV Ried

Konter

7

SV Ried

Freistoß


Kreativität ist gefragt

"Ich kenne meine Mannschaft jetzt schon ziemlich gut", erklärte Mörec im 'Sky'-Interview vor der Partie am Wochenende. Der Trainer wird wissen, dass bei einigen Spielern bei verbesserter Mannschaftsleistung Formsteigerungen möglich sind. Der Kader hat aber auch grundlegende Limitierungen, auch das hat sich früh in der Saison gezeigt.

Ronivaldo muss nach einem Muskelfaserriss mehrere Wochen pausieren.
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Ronivaldo muss nach einem Muskelfaserriss mehrere Wochen pausieren.

Blau-Weiß Linz muss wochenlang auf den verletzt ausgewechselten Goalgetter Ronivaldo verzichten, es ist ein weiterer Rückschlag in herausfordernden Wochen. Flügelspieler Anderson kehrt nach einer Sperre gegen Red Bull Salzburg zurück, dadurch wird Oliver Wähling für andere Aufgaben frei. Auch Alexander Briedl ist nach auskurierter Verletzung wieder fit, so gewinnt das Team eine weitere Option im Mittelfeld.

Derzeit lastet im Spiel von Blau-Weiß Linz defensiv wie auch in der Vorwärtsbewegung viel Verantwortung auf den drei Innenverteidigern. Über die erste vier Saisonspiele waren alle Protagonisten in ihren Rollen überfordert, Mörec muss ihnen das Leben leichter machen.

Sollten für die Offensive keine Verstärkungen mehr kommen, könnte er sich einen Trick von Gegner Max Senft abschauen: Nikki Havenaar wurde vom Trainer der SV Ried beim Auftaktspiel gegen Red Bull Salzburg überall auf dem Platz in Kopfballduelle geschickt und hatte großen Anteil am Punktgewinn der "Wikinger". Fest steht jedenfalls: Der aktuelle taktische Ansatz hat ausgedient, es braucht neue Ideen.



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