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Was zählt ‚Top 10 der Wöd' bei der Euro 2016?

Hält die Weltrangliste auch das, was die Zahlen versprechen? Wie schlagen sich Top-10-Teams bei den großen Turnieren? Denn: So ein Viertelfinale, das wäre schon eine leiwande Gschicht' für das rot-weiß-rote Team. Ein Statistik-Check von Georg Sander

 

WM 2010 – Fünf Top-Ten-Mannschaften im Viertelfinale
Am 26. Mai 2010 gab die FIFA die letzte Weltrangliste vor der Weltmeisterschaft in Südafrika heraus. Die Paarungen im Viertelfinale lauteten Niederlande – Brasilien, Uruguay – Ghana, Argentinien – Deutschland und Paraguay – Spanien. Von diesem Mannschaften waren Brasilien (1.), Spanien (2.), Niederlande (4.), Deutschland (6.) und Argentinien (7.) in den Top 10. Uruquay war vor der WM auf Platz 18. Die Ausreißer waren Paraguay (31.) und Ghana (32.). Überraschend: Die im Mai 2010 zehntplatzierten Kroaten waren bei der WM gar nicht dabei, ebenso die elftplatzierten Ägypter, die nach der WM sogar Neunter waren. Österreich befand sich auf Platz 68, direkt hinter Zypern und Saudi-Arabien und knapp vor Bahrain und Marokko.

 

EM 2012 – Vier von sieben europ. Top-10-Mannschaften im Viertelfinale dabei
Wir springen zum 6. Juni 2012, zur letzten Liste vor der Europameisterschaft in Polen und der Ukraine. Im mit 16 Mannschaften ausgetragenen Turnier lauteten die Viertelfinali wiefolgt: Tschechien – Portugal, Spanien – Frankreich, Deutschland – Griechenland und England – Italien. Eigentlich weitgehend logische Teilnehmer. Spanien (1.), Deutschland (3.), England (6.), Portugal (10.), Italien (12.), Frankreich (14.), Griechenland (15.), Ausreißer Tschechien (27.). Aus den Top 10 nicht mehr dabei sind die Niederlande (4.), Kroatien (8.) oder Dänemark (9.). Kroatien und Dänemark scheiterten als Gruppendritte an der Quali zur KO-Phase der Endrunde. Die Niederlande – wir erinnern uns noch – wurde in der Gruppe Vierter und schied mit null Punkten aus. Österreich hatte sich danke der ersten Erfolge unter Marcel Koller leicht verbessert. Als 58. lag man hinter Estland und Honduras und vor Sierra Leone und Jamaika.

 

WM 2014 – Vier Top-Ten-Vereine im Viertelfinale
Nun geht es wieder um die Welt. Die letzte Weltrangliste vor der WM in Brasilien stammt vom 8. Mai 2014. Im Viertelfinale kämpften Frankreich – Deutschland, Brasilien – Kolumbien, Argentinien – Belgien und Niederlande – Costa Rica. In der Rangliste am besten klassiert waren Deutschland (2.), Brasilien (4.), Kolumbien (5.), Argentinien (7.) und Belgien (12.). Es folgten die Niederlande (15.) und Frankreich (16.). Der Außenseiter hieß dieses Mal Costa Rica (34.). Teams wie die Schweiz (8.) oder Griechenland (10.) strichen im Achtelfinale die Segel. Nach zwei Jahren Koller und einer knapp verpassten Barrage-Teilnahme lag Österreich im Mai 2014 auf Rang 40, hinter der Türkei und Ghana und vor Venezuela und Kap Verde.

 


Sieht man sich die Viertelfinali der letzten Turniere nun genau an, bemerkt man, dass Emporkömmlinge nicht immer auch entsprechend vertreten waren. Neben den „üblichen Verdächtigen" konnten zudem immer wieder Teams überraschen, die nominell eher nicht in den Favoritenkreis gehören. Die kleineren Nationen Europas konnten den großen Wurf, wie etwa Griechenland 2004, nicht mehr wiederholen. Dabei ist das System, wie die Rangliste zustande kommt, doch recht ausgeklügelt. Die Punkte ergeben sich aus der Multiplikation aus dem Ergebnis (wie in den Meisterschaften), dem Status des Spiels (Freundschaftsspiel, Quali, Endrunde), der Stärke des Gegners sowie der Konföderation. Die Platzierung ist eigentlich ein guter Indikator für die Form des vergangenen Jahres.

 

Immer wieder Außenseiter mit dabei

2008 waren im Viertelfinale wieder die üblichen Verdächtigen, mit Ausnahme von Russland (24.) alle in den Top20. 2006 gab die Ukraine den Außenseiter (45.). 2004 war es ein bisschen anders, mit dem späteren Sieger Griechenland und mit Tschechien, Dänemark und Schweden befanden sich gleich vier Teams im Viertelfinale, die man dort nicht so erwartet hat. Allerdings war der spätere Sieger aus Griechenland als 35. der einzige, der nicht in der Top20 war. Zudem verabschiedeten mit Deutschland, Spanien, Russland und Italien sich auch ungewöhnlich viele größere Mannschaften bereits in der Gruppenphase. Richtig interessant war auch die Endrunde der WM 2002 – mit den USA (13.), der Türkei (22.), Südkorea (40.) und dem Senegal (42.) standen wiederum vier Teams im Viertelfinale, die man dort nicht unbedingt vermutet, wobei nur Letztere Außenseiter im Sinne der Weltrangliste waren.

 

Die Chance auf das Viertelfinale erhöht sich

Von den 56 Teams in den letzten sieben Viertelfinalgroßereignissen mit europäischer Beteiligung waren also nur 10 Teams nicht Teil der Top20. Die Floskel, die von Koller & Co in den vergangenen Wochen oft strapaziert wurde, hat durchaus seine Berechtigung: „Die Weltranglistenplatzierung ist nur eine Momentaufnahme". Dennoch erhöht die Momentaufnahme mit einer Top-10-Platzierung die statistische Chance, im Viertelfinale einer EM mit dabei zu sein um ein Vielfaches.

 

Bleibt nur noch die Frage offen: Geben sich Koller, Alaba & Co sowie die österreichischen Fans mit dem Erreichen eines Viertelfinalis mittlerweile zufrieden? Doch das ist wiederrum eine andere Geschichte...

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