Starker Aufsteiger, schwache Liga?
Der Beißreflex von Zoran Barisic hat eine sinnvolle Diskussion darüber, ob ein guter Aufsteiger einen Indikator für eine schwache Liga darstellt, verhindert. Georg Sander wirft einen Blick auf die Aufsteiger in den großen Ligen.
Die Geschichte ist mittlerweile bekannt. Ralf Rangnick sprach: „Es spricht zwar für Altach, dass sie oben mitspielen können, obwohl sie gerade erst aufgestiegen sind. Aber es spricht natürlich nicht für das Gesamt-Niveau der Liga." Zoran Barisic reagiert live im Sky-Studio verschnupft und sprach von Respektlosigkeit. Der Beißreflex von Barisic verhinderte eine Diskussion über das Thema an sich.
Es war im Frühjahr 1998, als Otto Rehhagel den Meisterteller in die Luft stemmte. Das wäre noch nichts Außergewöhnliches, wäre der 1. FC Kaiserslautern nicht im erst im Jahr zuvor aufgestiegen. 2008/09 schaffte ein anderer Aufsteiger einen Husarenritt. Die TSG 1899 Hoffenheim wurde Herbstmeister, am Ende Siebenter. Der Trainer? Ralf Rangnick. Jener Ralf Rangnick, der mit der Kritik in der Sky-Sendung Talk und Tore – auch wenn es viele nicht mitbekommen haben – Red Bull Salzburg in die Kritik miteingeschlossen hat. Denn die Salzburger Bilanz gegen Altach ist in dieser Saison bisher wenig berauschend.
Aufsteiger steigen nicht ab
2013/14 erreichte der SV Grödig Rang drei, im Jahr davor verpasste der WAC den vierten Platz nur um einen Punkt. 2011/12 landete die Admira auf Platz drei, 2009/10 landete Aufsteiger Wiener Neustadt mit Magna-Millionen auf Platz fünf. Es ist also in den letzten Jahren in Österreich durchaus eine Tendenz zu einem „guten Aufsteiger" zu bemerken. Dass das auch mit gröberen sportlichen Problemen vor allem bei Sturm und Austria zu tun hat, darf natürlich nicht vergessen werden. Insofern ist der Erfolgslauf der Aufsteiger auch dem schlechten Arbeiten bei den anderen Vereinen zuzuschreiben. Und insofern greift natürlich auch die Kritik von Ralf Rangnick.
Kein neues Phänomen
Aber Aufstieg und passables Abschneiden ist kein neues Phänomen. Wie ballverliebt.eu auflistet, stieg im ersten Jahr (seit es nur noch einen Aufsteiger gibt) noch kein Aufsteiger direkt ab, nur einer der letzten 16 musste im zweiten Jahr den Gang in die zweite Liga antreten – also sportlich, weil 2002 dem FC Tirol die Lizenz entzogen wurde und die Südstädter erstklassig blieben. Im Schnitt, so ballverliebt.eu, erreichten die Aufsteiger Rang 6, in der Hälfte der 16 Spielzeiten endete die Saison in der oberen Tabellenhälfte.
50 Prozent-Quote auch international
Doch was sagt der internationale Vergleich? In den vier großen europäischen Ligen – Spanien, England, Deutschland und Italien – sind passable Performances der Aufsteiger auch nicht außergewöhnlich. In den letzten 10 Jahren gab es in diesen vier Ligen für den besten Aufsteiger der jeweiligen Saison 19 Mal einstellige Tabellenplätze, 21 Mal zweistellige*. Interessant daran ist, dass diese vier Ligen die letzten zehn Champions League-Sieger stellten.
Starker Aufsteiger sogar Indiz für Champions League-Sieg
Betrachtet man nun alle Champions-League-Sieger und die Performance der besten Aufsteiger, ergibt sich folgendes Bild: Nur in sieben von 22 Champions League-Spielzeiten seit 1992/93 landete der Aufsteiger nicht unter den ersten neun. Bordeaux schaffte es 1992/93 als Vierter direkt in den Europacup (CL-Sieger Marseille), Bochum als Fünfter 1996/97 (BVB). Ebenso RCD Mallorca als Fünfter 1997/98 (Real Madrid), Betis als Sechster 2001/02 (Real), Celta Vigo als Sechster 2005/06 (Barcelona), Parma verpasste bei Inters Sieg 2009/10 die Europa League als Achter um nur drei Puntke, 2012/13 schaffte es Eintracht Frankfurt als Sechster und Aufsteiger bei Bayerns Sieg in den Europacup, vergangenens Jahr Villarreal, ebenfalls als Sechster. Sieben von 22 Aufsteigern schafften es also bei nationalem Königsklassengewinn sogar in den Europacup.
Alles gut, oder?
Das heißt jetzt natürlich nicht, dass alles gut ist. Wie jeder Fußballfan weiß, steht Österreichs Fußball nicht komplett problembefreit da. Allerdings wäre es angesichts dieser Zahlen durchaus ein Fehlschluss, vom guten Abschneiden des Aufsteigers auf ein generell sinkendes Liganiveau zu schließen. Es ist aber jedenfalls auch nicht zielführend, die sachliche Kritik von Ralf Rangnick als respektlos abzustempeln.
>>> Ist es respektlos die Wahrheit zu sagen?
*Anm.: In der Serie A-Spielzeit 2011/12 erreichte Atalanta Bergamo den 12. Platz, wobei 6 sportlich erreichte Punkte durch Verstrickungen in den italienischen Manipulationsskandal abgezogen wurden. Hier wird der bereinigte 9. Platz gezählt.