90minuten.at-Statistikcheck: Trainerwechsel sind mit Vorsicht zu genießen
FC Blau Weiß Linz hat's getan, der FC Wacker Innsbruck hat's getan, der TSV Hartberg ebenfalls. Diese drei Vereine setzten während der Saison den Trainer vor die Tür und installierten einen neuen Mann. Doch was bringt ein Trainerwechsel während der Saison
Ausgangslage
Den ganzen Sommer wird geschwitzt und geackert und dann passiert es: Es funktioniert spielerisch wenig, der Trainer erhält ein besseres Angebot oder es passt menschlich nicht mehr. Dann kommt der berühmte Feuerwehrmann und soll beim Verein das Feuer löschen, den Weg weiterhin beschreiten oder einfach besser arbeiten als bisher. 90minuten.at hat 100 Trainerwechsel während der Saison untersucht und in den Archiven von der Saison 1994/95 bis 2011/12 gewühlt, um eine statistisch relevante Aussage treffen zu können.
Die Fakten
Die wichtigste Erkenntnis der Untersuchung: Zwei Trainer hielten den Schnitt des Vorgängers, 40 schnitten schlechter ab. Diesen 42 Prozent stehen also 58 Prozent Trainerwechsel gegenüber, die sich positiv ausgewirkt haben. Um die Verbesserung zu konkretisieren wurde der Punkteschnitt hinsichtlich zweier weiterer Faktoren untersucht. Denn unter diese 58 Prozent fällt auch eine minimale Erhöhung des Punkteschnitts. Bei insgesamt 39 Prozent der Wechsel schafften die Nachfolger einen Schnitt, der um ein Drittel besser war als jener des Vorgängers. Demzufolge wurde in drei Spielen ein Zähler mehr ergattert. Lediglich 14 Prozent der neuen Coaches konnten den Punkteschnitt um zwei Drittel heben, schafften in drei Spielen zwei Punkte mehr.
Fifty-fifty, wenn es wirklich schief läuft
Die Gründe, warum ein Coach gehen muss, sind zumeist nachvollziehbar, in den meisten Fällen stimmt die sportliche Entwicklung nicht, sei es das verpasste Titelrennen, das drohende Scheitern eines internationalen Startplatzes oder der Abstiegskampf. Gerade um mit dem Abstieg nichts zu tun zu haben, sollten Teams auf einen Punkteschnitt von 1,11 kommen. Das reicht für 40 Punkte - im untersuchten Zeitrahmen reichten so viele Zähler zum sicheren Klassenerhalt.
49 Prozent der Vorgänger hatten einen schlechteren Schnitt, 53 Prozent hoben den Schnitt über 1,11, hätten also in 36 Runden den Klassenerhalt geschafft. Ob sich ein Trainerwechsel garantiert auszahlt, ist statistisch nicht genau zu sagen. Es gilt ein Blick auf die Gegner zu werfen und zu schauen, wie viele Punkte zu holen sind. Statistisch gehen zwei Fünftel der Wechsel in die Hose, gut eben so viele bringen einige Punkte Verbesserung. Wer aber wirklich einen großen Rückstand auf das gesteckte Ziel hat, ist gut beraten, sich intensiv mit der Trainersuche zu beschäftigen. In nur 14 Prozent der Fälle startete die Mannschaft durch und holte deutlich mehr Punkte als unter dem Vorgänger.
Schmankerl
Am öftesten kam Georg Zellhofer in der Untersuchung vor. In drei von sechs Fällen schaffte er eine Punkteverbesserung. Dietmar Constantini, in den letzten Jahren oft gescholten, übernahm vier Mal während der Saison. Er erzielte jedes Mal eine Verbesserung des Punkteschnitts, zwei Mal auch in der höchsten Kategorie. Die meisten Trainerwechsel der Oberhausklubs während der Saison benötigte, übrigens wenig überraschend, Austria Wien.
Fazit
Die entscheidende Wendung, also eine Erhöhung des Schnitts auf zwei Punkte oder mehr in drei Spielen, tritt zu selten ein. Generell bringen drei von fünf Trainerwechsel etwas. Die Wahrscheinlichkeit einer deutlichen Verbesserung des Punkteschnitts um ein Drittel und eine Verschlechterung halten sich aber die Waage.
Hinweis
Untersucht wurden nur die Ligaspiele, also das Tagesgeschäft – kein Cup, keine Europacupspiele, denn diese Spiele, vor allem die internationalen, hätten die Statistik verfälscht. Wichtig ist die Annahme, dass in der Winterpause der Kader nicht grundlegend umgekrempelt werden kann. Der Kader bleibt bis auf wenige Veränderungen im Laufe einer Saison unverändert. Somit wurden nur Trainerwechsel zwischen erster und 36. Runde beobachtet, Punkte von Co-Trainern, die lediglich ein Spiel auf der Bank saßen, wurden den vormaligen Headcoaches zugerechnet.