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Red Bull Salzburg eine Nachwuchsschmiede? Die halbe Wahrheit

Kommende Woche schickt sich Red Bull Salzburg an, zum zweiten Mal in die Königsklasse einzuziehen. Man hat sich in Europa einen Namen als Talenteschmiede gemacht. Das gilt aber nur bedingt.

+ + 90minuten.at Exklusiv + + Ein Faktencheck von Georg Sander

 

Der 'FC Salzburg' gilt in Europa als einer der besten Spielerausbildner. Die eigene Elf aber besteht eher aus zugekauften Spielern, wie eine Analyse der Einsatzzeiten der Jahre seit dem Youth League-Sieg 2016/17 zeigt. Ausgangspunkt der Recherche ist der Ligastart am vergangenen Samstag. Beim Auswärtsspiel in Wolfsberg war unter den elf Kickern der Startelf mit Mërgim Berisha nämlich nur ein Einziger, der wirklich das Prädikat "ausgebildet bei Red Bull Salzburg" verdient.

 

Was wurde aus den Youth League-Siegern

Blicken wir ein wenig zurück: Der Youth League-Sieg 2016/17 unter Marco Rose ist schon lang genug her, um eine Bilanz über das Fortkommen der Jungbullen von Damals zu ziehen. Vor drei Jahren wie am Samstag im Einsatz: Mërgim Berisha. Bartłomiej Żynel – Gideon Mensah, Igor Julio dos Santos de Paulo, Luca Meisl, Sandro Ingolitsch – Philipp Sturm (68. Alexander Schmidt), Nico Gorzel, Amadou Haidara – Nicolas Meister (55. Patson Daka), Hannes Wolf (90.+6' Bojan Lugonja), und eben Berisha. Das war die Startelf des Youth League-Finales in Nyon im Sommer 2017, als das Trainerteam rund um Marco Rose den Bullennachwuchs zurm Titel der Junioren-Champions-League coachte.

Berisha ist noch da, Patson Daka wohl nicht mehr allzu lange, Hannes Wolf schaffte wie Amadou Haidara den Sprung nach Deutschland. Wolf kam zur U16 der Bullen, Berisha kickte bereits in der Jugend dort. Die anderen haben den Serienmeister verlassen. Kein großes Ding, möchte man meinen. Wenn aus einem Jahrgang vier Spieler aus dem Nachwuchs später einschlagen, dann ist das ein guter Schnitt. Auch, dass es zwei aus dem eigenen Nachwuchs waren.

Nicht zuletzt dieser Erfolg brachte den Salzburgern weit über die heimmischen Grenzen Hinaus Ruhm als tolle Ausbidlungsstätte. Wie eine Analyse der Kader seit 2016/17 aber zeigt, ist Red Bull Salzburg eher eine gute Einkaufsstätte. In der Startelf gegen den WAC, der ersten von Jesse Marsch in dieser Bundesligasaison, stand kein einziger Spieler, der bereits seit der U16 in Salzburg kickte. Lediglich Luka Sučić, später eingewechselt, entspricht diesem Schema. Die Österreicher Cican Stankovic, Maximilian Wöber und Andreas Ulmer wurden übrigens andernorts ausgebildet.

(Artikel wird unterhalb fortgesetzt)

Seit Jahren Flaute

Wirft man einen Blick auf die Einsatzteiten der Spieler und zieht eine Linie bei 1.000 Einsatzminuten pro Saison, dann sieht man, dass da in den letzten Jahren direkt aus dem eigenen Nachwuchs wenige Spieler kamen. 2016/17 hatten 20 Spieler bewerbsübergreifend mehr als 1.000 Minuten gespielt. Ab der U16 waren Valentino Lazaro, Konrad Laimer, Xaver Schlager und Martin Hinteregger in dieser Gruppe. Stefan Lainer verbrachte den Nachwuchs in Salzburg, schaffte den Durchbruch aber bei der SV Ried. 2017/18 gab es dann dasselbe Bild, ohne Laimer und Hinteregger, dafür mit Hannes Wolf. Das blieb auch 2018/19 so. In der letzten Saison entsprach kein Salzburg-Spieler mehr der Anforderung "ab der U16 bis zur Kampfmannschaft".

Wer sich durch die lange Liste an Liefering-Abgängen (unabhängig davon, wann die Spieler kamen) seit 2016/17 scrollt, wird neben den bereits erwähnten und teuren Verkäufen wie Diade Samassékou einige spannende Namen finden, wie etwa Alexander Schlager, Lukas Venuto, Samuel Tetteh, Philipp Wiesinger, Mathias Honsak oder Sandro Ingolitsch. Der Clou daran aber ist: Sie haben sich alle nicht bei Red Bull Salzburg durchgesetzt. Die teuren Verkäufe der letzten Jahre kamen eben eher als Junioren, weniger als echte Jugendliche. Die bereits oben erwähnten ausgenommen, flossen die Millionen für Keita, Bernado, Upamecano, Wanderson, Caleta-Car, Valon Berisha, Caleta-Car, Dabbur, Samassékou und natürlich Haaland, Minamino und Hwang -eben nachgerade nicht für Spieler, die die Bullen von „klein“ auf selbst ausgebildet hatten.

 

Schritt ins Profigeschäft, aber Nachwuchsschmiede sieht anders aus

Daraus lässt sich folgern: Salzburg bildet Spieler ab der Jugend aus, aber nicht wirklich für sich selbst, sondern für viele andere Klubs. Die großen Durchbrüche gelingen aber eher jenen Kickern, die rund um den 18. Geburtstag geholt werden. Ob sich das diese Saison ändert? Neben Mërgim Berisha stehen mit Rechtsverteidiger Amar Dedić, den Mittelfeldspielern Nicolas Seiwald und Luka Sučić sowie ÖFB-Nachwuchsstürmer Chukwubuike Adamu im Kader. Ob sie dem Prädidakt "Stammspieler aus dem eigenen Nachwuchs" entsprechen werden, wird sich in dieser Saison weisen.

Das Fazit lautet also: Red Bull Salzburg hat sich international etabliert, sich einen Namen gemacht, junge Spieler rauszubringen. Aus dem eigenen Nachwuchs kommen diese aber eher nicht. Viel mehr hat der Verein offensichtlich ein sehr gutes Scouting für junge Spieler, denen man dann in Salzburg eine perfekte Plattform für eine internationale Karriere bieten kann.

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